Unternehmenseinheitlicher Betriebsrat?
Bei der SAP Deutschland ist am vergangenen Freitag durch eine Mitarbeiterinitiative ein Wahlvorstand gewählt worden. Wir haben in diesem Fall die große Sorge, dass dabei nicht alles mit rechten Dingen zugegangen ist. Einen Betriebsrat zu gründen erfordert nicht allzu viel Sachkenntnis. Die Gesetze sind eindeutig. Am erforderlichen Mut, an der Fähigkeit, die Belegschaft für ihre Rechte zu begeistern und ganz besonders am erforderlichen Durchhaltevermögen mangelt es weit häufiger.
Den Gewerkschaften eilt der Ruf voraus, gerne MitarbeiterInnen zu unterstützen, die Ihr Recht wahrnehmen wollen. So auch das Recht, einen / ihren Betriebsrat zu errichten. Diesem Ruf sind wir - wie in zahllosen anderen Betrieben - so auch jüngst bei der SAP AG gerecht geworden. Worauf wir großen Wert legen, ist, dass es dabei nicht zu handwerklichen Fehlern, zu Rechtsmissbräuchen oder gar zu undemokratischen Entwicklungen kommt. Zu groß ist die Gefahr, dass ein solcher "unrechtmäßiger Betriebsrat" der Belegschaft lediglich einen Fortschritt oder gar eine Rechtssicherheit vortäuscht. Die Idee der Mitbestimmung könnte dabei allzu leicht auf der Strecke bleiben. Den Schaden hätte dann die Belegschaft.
Bei der LGD liegt der Fall gänzlich anders
Hier hat eine Handvoll Mitarbeiter - BR-Initiative - offensichtlich im besten Einvernehmen mit der Geschäftsleitung einen Wahlvorstand für einen unternehmenseinheitlichen Betriebsrat aus der Taufe gehoben.
Unternehmenseinheitlich nicht deshalb, wie es im BetrVG vorgesehen ist, um eine Betriebsratsgründung zu erleichtern, sondern, um die Anzahl der BR-Mitglieder auf ein "niedrigst mögliches Maß" abzusenken. Ja die Furcht vor
der Normalität: "Ein Betrieb = Ein Betriebsrat" war so groß, dass die Belegschaft von den 12 Initiatoren sogar davor gewarnt wurde: Wenn schon ein BR gewählt werden müsse, dann möchten diese eine
pragmatische Mitarbeitervertretung für die LGD und Wer den unternehmensweiten Betriebsrat gemeinsam mit den Initiatoren unterstützte, stimme bitte mit JA! Nichtabstimmung erhöhe die Gefahr eines dezentralen
Betriebsrates, so die Initiatoren. Und wer muss hier mit JA! stimmen? Laut § 3 Abs.3 BetrVG können die Arbeitnehmer in einem betriebsratslosen Unternehmen, in dem keine tarifliche Regelung besteht, mit "Stimmenmehrheit"
die Wahl eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrats beschließen. Stimmenmehrheit heißt, dass die absolute Mehrheit aller Arbeitnehmer, also mehr als die Hälfte der über 3300 LGD-Mitarbeiter dafür stimmen
müssen. Dies muss überprüfbar, in gerichtsverwertbarer Weise sein. An dieser absoluten Mehrheit hat es laut Wahlvorstand bei der LGD gemangelt, es gab lediglich 1534 JA-Stimmen. Trotzdem gibt es einen Wahlvorstand der sich
heute am 12.9.2006 konstituiert.
Bei der LGD wurde per e-Voting (online) und zusätzlich auch am vergangenen Freitag durch die anwesenden Mitarbeiter abgestimmt. Nachdem das e-Voting offensichtlich nicht die gewünschte Richtung einschlug, wurde von der Initiatorengruppe noch einmal per eMail am 5.9.06 nachgeholfen, indem angeboten wurde wer bereits online gewählt habe und feststellt, dass er falsch gewählt habe, der habe folgende Möglichkeit: er solle ein Mail an xxx xxxxxxx senden und im Einzelfall per mail begründen, warum er seine Wahl ändern möchte.
SAP und die Öffentlichkeit
Wir hatten diese Mails "an ALLE" vergangene Woche im Internet veröffentlicht. Prompt kam eine Strafandrohung der SAP-Juristen. Nicht gegen diese Mails, sondern gegen die Veröffentlichung dieser sonderbaren Mails. Transparenz
scheint also nicht die Stärke des Managements und ihrer Juristen zu sein. Sollte das Ganze ein gerichtliches Nachspiel haben, werden die Mails aktenkundig, wir freuen uns schon darauf. In unseren Mitteilungen über die
Seltsamkeiten bei der Wahl des LGD-Wahlvorstands haben wir vergangenen Freitag die Rund-Mails bis auf weiteres ausgeblendet.
Letzte Änderung: 21.03.2013