SAP macht Weg für den Betriebsrat frei

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14.03.2006 FinancialTimesDeutschland berichtet: "SAP vollzieht drastische Kehrtwendung". Was lange währt, wird ...

Die Tagespresse überschlägt sich, seit die FinancialTimesDeutschland heute in der Früh berichtet hat, dass SAP den Widerstand gegen einen Betriebsrat aufgibt.

Aber schon diese Überschrift ist im Grunde falsch, denn gegen einen Betriebsrat kann es solange keinen Widerstand geben, wie es bei der SAP AG noch gar keinen Betriebsrat gibt.

Noch verwirrender titelt Absatzwirtschaft-Online - "SAP will die IG Metall austricksen". Auch diesen Titel sollte man nicht so heiß essen wie er gedruckt wurde.

Gehen wir mal davon aus, dass eine Gruppe von SAP-Arbeitnehmern abermals zu einer Betriebsversammlung einlädt, so wie es die drei ursprünglichen Beantragenden gemacht haben. Was folgt daraus? Kein Trick, kein Schelmenstreich - alles rechtens.

Kleiner Blick zurück
3 SAP-Mitarbeiter haben zum 2.3.2006 zu einer Betriebsversammlung eingeladen, um auf dieser Versammlung einen Wahlvorstand von der Belegschaft wählen zu lassen. Dieser Wahlvorstand hat dann die einzige Aufgabe, eine Betriebsratswahl so zu organisieren, dass ein funktionsfähiger Betriebsrat rechtmäßig entsteht! Die Aktivität des Wahlvorstands endet mit der Verkündung des Wahlergebnisses. Ab diesem Zeitpunkt gibt es einen Betriebsrat bei SAP!

Am 2.3.2006 hat allerdings die derzeitige Arbeitnehmervertretung ANV zusammen mit Presseartikeln verschiedener SAP-Vorstandsmitglieder die Stimmung derart gegen die Beantragenden angeheizt, dass 91 % der zur Versammlung erschienenen SAP-Mitarbeiter sich gegen den Wahlvorschlag ausgesprochen hatten. Damit war die (selbstbestimmte) Wahl eines Wahlvorstands gescheitert. Mehr nicht!

Daraus, dass die Wahl eines Wahlvorstands gescheitert ist, folgt, dass drei SAP-Mitarbeiter (in zeitlicher Nähe zur Versammlung) zum Arbeitsgericht gehen können, um vom Gericht ersatzweise einen Wahlvorstand bestellen zu lassen. Das haben auch drei SAP-Mitarbeiter getan! Der Gerichtstermin ist auf den 11.4.2006 in Mannheim gesetzt worden.

Kleiner Blick nach vorn
Wenn jetzt wieder drei (oder mehr) SAP-Arbeitnehmer (nicht der Vorstand! Und auch kein leitender Angestellter) zu einer 2. Betriebsversammlung aufrufen und dort würde ein Wahlvorstand gewählt, dann wäre alles in Ordnung! Dieser rechtmäßig gewählte Wahlvorstand kann dann sofort damit beginnen, die Betriebsratswahl zu organisieren!

Wo bleibt da die IG Metall werden sie fragen?
Die drei beantragenden SAP-Mitarbeiter haben nur die IG Metall um Hilfe gebeten, um die Vorbereitung der Wahlvorstandswahl rechtlich richtig abzuwickeln - nicht mehr und nicht weniger. Gut so, denn die IG Metall hat Erfahrung auf dem Gebiet. Zur Zeit finden über 100.000 Betriebsratswahlen in ganz Deutschland statt. Warum also sollte man dieses Erfahrungspotential nicht nutzen?

Wenn dann Dietmar Hopp meint, die IG Metall will die SAP stürmen, dann muss er jetzt erklären, warum er sich und anderen diese Hektik gegönnt hat. Nötig war sie nicht.

Die IG Metall wird auch in Zukunft ihre Mitglieder rechtlich beraten, wenn sie den Wunsch haben und wenn dadurch unnötige Irrungen und Wirrungen vermieden werden können. Wenn dann der SAP-Aufsichtsratsvorsitzende Hasso Plattner "die Motivation der Gewerkschaften nicht richtig nachvollziehen" kann, dann soll er doch mal den SAP-Vorstand fragen, warum sich dieser eine umfassende Prüfung der Rechtslage gegönnt hat (auch von extern, also fremdbestimmt).

Wir wünschen der SAP einen friedlichen Verlauf der Betriebsratswahl. Ihre IG Metall.



NACHTRAG:

Wie heute intern bekannt wurde, ist eine erneute (2.) Betriebsversammlung zur Wahl des Wahlvorstandes beantragt und für den 30.03.06 (16:00 Uhr) festgelegt worden. Siehe auch unseren aktuellen Link zur Computerwoche. "Es sei für das Unternehmen wichtig, dass kein fremdbestimmter Wahlvorstand per Gerichtsbeschluss eingesetzt werde, sondern dass die Mitarbeiter selbst über die Zusammensetzung des Wahlvorstands und des Betriebsrats befinden," so Kagermann (Vorstandsvorsitzender der SAP AG).

Kommentar: Das hätten die SAP-Verantwortlichen gleich von Anfang an haben können, wenn schon bei der ersten Betriebsversammlung für ein vernünftiges Klima gesorgt worden wäre, anstatt panikartig die Belegschaft und die Medien mit Vorurteilen zu füttern (siehe Linkliste). Der Antrag der drei SAP-Mitarbeiter auf der Betriebsversammlung am 2.3.06 lautete, "einen Wahlvorstand von der Belegschaft wählen zu lassen"! Halten wir also fest: die Belegschaft bekommt eine 2. Gelegenheit zur Wahl eines Wahlvorstands.

Letzte Änderung: 21.03.2013