TEIL 2 - Vorurteile im Einzelnen

Es ist nicht zu fassen

13.03.2006 Vorurteile sollte man nicht pflegen sondern überprüfen

1) VOLKES-STIMME BEI SAP: Bei SAP " keine Zukunftsängste "?

Die häufig geäußerte Ansicht (von SAP-Top-Managern aber auch von einzelnen SAP-Mitarbeitern), es gäbe keine Zukunftsängste oder Kommunikationsprobleme in der SAP-Belegschaft widerlegt der viel beachtete Artikel im Handelblatt vom 24.1.2006. (Siehe LINK 2) Internen Umfragen zufolge sollen über 80 % der SAP-Belegschaft diesen Artikel als "zutreffend" eingestuft haben. Diese Zahl wird aber nicht offen gehandelt; warum diese Heimlichtuerei?

Siehe auch Süddeutsche Zeitung (LINK 3): "Wenn man sich heute unter SAP-Mitarbeitern umhört, steht es mit deren Zufriedenheit schon lange nicht mehr derart zum Besten wie in den alten Zeiten"!

2) DIETMAR HOPP: " Betriebsrat ist überflüssig " - " Betriebsrat fremdbestimmt "!

Hopp äußerte starke Vorbehalte gegen den Einfluss der IG Metall in dem Softwarehaus und übersieht dabei, dass die Initiatoren der anstehenden Betriebsratswahl SAP-Mitarbeiter sind, die sich zur Unterstützung ihrer Arbeitnehmerrechte in der IG Metall organisiert haben. Er suggeriert in LINK 4, ein Betriebsrat sei fremdbestimmt, sogar von der Gewerkschaft gelenkt. Als ob die SAP-MitarbeiterInnen, die später mal in einem SAP-Betriebsrat ihre Arbeit aufnehmen, Marionetten seien! Und das Aufsichtsratsmitglied Stefan Schulz pflichtet ihm eilig bei, siehe Handelsblatt - 28.5.06: "Die überwältigende Mehrheit der SAP-Mitarbeiter fühlt sich durch die jetzige Form der Mitarbeiterbeteiligung über den Aufsichtsrat gut repräsentiert, die auf einer Mitbestimmungsvereinbarung mit dem Vorstand basiert", sagt Stefan Schulz (siehe LINK 5). Vergleichen Sie selbst, unter LINK 6 und im Anhang zu dieser Meldung ist ein tabellarischer Vergleich der Rechtsposition "Arbeitnehmervertretung bei SAP" und Betriebsrat hinterlegt.

In den vielen Zuschriften, die wir bekommen haben, wird deutlich, dass sich die SAP-Belegschaft nach " Selbstbestimmung " sehnt. Das ist gut so. Es reicht aber nicht, wenn man sich nur sehnt, man muss dafür auch die geeigneten Mittel zur Verfügung haben, um seine Vorstellungen zu realisieren. Das ist auch der Grund, weshalb die beantragenden SAP-Mitarbeiter von der IG Metall unterstützt werden wollen, um auch bei der SAP AG einen Betriebsrat und damit dessen Rechte zu bekommen. Der Betriebsrat ist die beste Möglichkeit, sich bei der Gestaltung der Arbeitsbeziehungen einzubringen. Ein Betriebsrat besteht immer zu 100 % aus Belegschaftsangehörigen. Wenn sich also eine Belegschaft einen Betriebsrat wählt, wird dieser Betriebsrat immer ein Teil der Betriebskultur sein. Die wichtigste Voraussetzung gegen Fremdbestimmung ist eine aktive Belegschaft, dies ist bei der SAP-Belegschaft gegeben. Siehe auch Handelsblatt: vom 10.3.2006 - Betriebsratswahl: Kooperation statt Konfrontation! (LINK 7)

3) DIETMAR HOPP: " lähmende Bürokratie ".

Durch den Einfluss der Gewerkschaften befürchtet der langjährige Vorstandsvorsitzende jedoch "eine lähmende Bürokratie und unnötige Fesseln im internationalen Wettbewerb". Siehe dagegen (Betriebsratsarbeit bringt Unternehmen wirtschaftliche Vorteile. PDF zum download im LINK 8).

Die Befürchtung von D. Hopp, Deutschland könnte in mancher Hinsicht den internationalen Anschluss verlieren ist allerdings nicht ganz unbegründet: siehe "Forbes"-Reichen-Liste (LINK 9).

4) HENNING KAGERMANN: "Mehrheitsmeinung schlägt Minderheitsmeinung, das ist Demokratie"? (Siehe Link 10 und LINK 11)

"Bisher dachte ich immer, dass in einer Demokratie eine Minderheit die Meinung der Mehrheit akzeptiert". Akzeptiert wird die Meinung ja, aber eine mehrheitliche Meinung einer Firma kann ein Schutzgremium und erst Recht ein Schutzgesetz nicht außer Kraft setzen. Und auch H.K. weiß, dass er tagtäglich auf die Meinung der Mehrheit verzichtet, wenn es ihm für seine Geschäftsinteressen ratsam erscheint. Er könnte sich gegenüber den SAP-Aktionären auch schlecht damit rechtfertigen, dass eine gewinnbringende Maßnahme unterlassen wurde, nur weil die Zustimmung der Belegschaft fehle.

Frage an SAP-Chef Henning Kagermann: Lässt sich der Vorstand von der SAP-Belegschaft überstimmen? Henning Kagermann beklagt, dass eine Minderheit die Meinung der Mehrheit missachtet. Wer in der Belegschaft hat denn darüber mitzubestimmen, wenn der Vorstand der SAP die Umwandlung der SAP AG in eine Europa-AG vornimmt? Wenn Henning Kagermann in der Wirtschaftswoche sagt: "Wir bereiten die Entscheidungsfindung vor", muss man doch fragen: Wer aus der Belegschaft ist bei dieser alle SAP-MitarbeiterInnen betreffenden Entscheidungsfindung dabei gewesen? Wer ist in diesem Satz " W I R " ? (Siehe Link 12)

Ein interessante Leserzuschrift aus dem Heise-News-Forum zur Beleuchtung dieser merkwürdigen Logik: (Siehe LINK 13)

5) HASSO PLATTNER: " BetrVG nicht zeitgemäß "? (Siehe LINK 14)

Tragende Säulen der Mitbestimmung bei SAP seien "Gerechtigkeit, Offenheit und gesunder Menschenverstand" und nicht das Betriebsverfassungsgesetz. Das stamme aus einer Zeit, "in der Globalisierung entweder unbekannt war oder vorwiegend als Schimpfwort gehandelt wurde. Es passt nicht zu einem globalen Hightech-Unternehmen mit einem 80-prozentigen Anteil von Akademikern", so Plattner!

Unseres Wissens ist die SAP AG genau in der Zeit gegründet worden, in der das Betriebsverfassungsgesetz entstand, 1972. Damit stammt also auch die SAP AG aus einer Zeit, "in der Globalisierung . . . ."! Wir meinen: Nicht nur SAP hat gelernt, auch das BetrVG wird ständig an die neuen Herausforderungen angepasst, indem zahlreiche Betriebsräte sich ständig neuen Herausforderungen stellen, Lösungen suchen und finden. Siehe auch aktuelle Studie (LINK 15)!

Es wird höchste Zeit, dass sich auch die SAP-Belegschaft am Ausbau und an der ständigen Aktualisierung des Betriebsverfassungsgesetzes beteiligt. Das geht aber nur mit einem aktiven Betriebsrat!

Wir stellen uns jeder Diskussion - auf dem Werksgelände oder außerhalb - schreiben Sie uns.

Letzte Änderung: 21.03.2013