Der Wind dreht sich allmählich ....

Zwischen den Zeilen ist die Freiheit grenzenlos

09.03.2006 Wer die Cebit aufmerksam verfolgt kann dreierlei feststellen:

1. Feststellung

SAP-Chef Henning Kagermann kündigte heute auf der CeBIT an, alle Möglichkeiten gegen die Gründung eines Betriebsrats zu überprüfen. Er zeigte sich verwundert darüber, dass drei Mitarbeiter gegen die Mehrheit unter den Mitarbeitern die Gründung eines Betriebsrats durchboxen wollen. "Bisher dachte ich immer, dass in einer Demokratie eine Minderheit die Meinung der Mehrheit akzeptiert." 91 Prozent der Belegschaft in Walldorf haben sich den Worten Kagermanns zufolge gegen die Gründung eines Betriebsrats ausgesprochen (Zitat: Heise-Ticker in www.heise.de).

Diese Außerungen zeigen ein sehr merkwürdiges Demokratieverständnis:
Die beantragenden SAP-Mitarbeiter akzeptieren ja die Meinung der SAP-KollegInnen. Sie haben nur eine andere Meinung, eine rechtlich abgesicherte dazu. Muss sich eine Kirche auflösen, wenn 91 % der Bürger meinen, man brauche sie nicht? Und - sind 9 % der Bürger undemokratisch, wenn sie für den Erhalt der Kirche eintreten, eventuell sogar die Messe besuchen?

Oder dürfen z.B. 5 Personen, die von einer auf rot stehenen Ampel aufgehalten werden, darüber abstimmen, ob sie trotzdem die Straße überqueren dürfen?

Vielleicht will der SAP-Chef ja nur andeuten, dass er sich bald den restlichen 29 börsennotierten DAX-Unternehmen anschließen möchte und auch einen Betriebsrat akzeptiert. 1:29, eine solche Mehrheit sollte er nicht länger ignorieren.

2. Feststellung

Die Diskussion über das Grundrecht "innerbetriebliche Demokratie" wird breiter - siehe Beispiel in der Linkliste

3. Feststellung

SAP merkt offensichtlich nicht, wie die Betriebsräte der Kundenfirmen hellhörig werden: Will SAP deutlich machen, dass man unter "customizing" die Anpassung des Kunden an die Demokratievorstellungen der SAP verstehen soll?

Letzte Änderung: 21.03.2013