Betriebsschließung bei Microm
Noch im alten Jahr wurde dem Betriebsrat bei dem zum ThermoFisher Konzern gehörenden Medizingerätehersteller Microm mitgeteilt, dass es einen Plan gebe den Standort mit ca.100 Beschäftigten zum 1.4.2014 zu schließen. Der Betriebsrat versuchte zunächst intern Argumente die gegen eine Verlagerung von Entwicklung und Fertigung nach Shanghai sprechen auszutauschen, hat sich aber, nachem er beim Arbeitgeber kein Gehör fand nun entschlossen an die Öffentlichkeit zu gehen.
Hier der Text der Pressemeldung von IGM und BR :
Dass Standorte verlagert oder geschlossen werden aus wirtschaftlichen Aspekten, das ist für Arbeitnehmer und ihren Vertreter nichts Neues. Dass Firmen und Konzerne aus Profitgier Bereiche bzw. ganze Standorte in
Billiglohnländer verlagern ist auch nichts Neues.
Aber was wir hier in Walldorf als Teil des Thermo Fisher Konzerns erleben, hat eine neue Dimension. Hier soll ein hoch profitabler Medizingerätehersteller mit Sitz in Walldorf bei Heidelberg, die Microm International GmbH mit ca.
100 MA, Jahresumsatz 36 Mio Euro, und einer Umsatzrendite von ca. 30% komplett zum 31.03.2014 geschlossen werden. Obwohl ThermoFisher selbst nicht von einer billigeren Produktion in China ausgeht, soll aus nicht wirtschaftlich
nachvollziehbaren Gründen eine strategische Verlagerung stattfinden. Daher hat man bewusst auf eine Kostennutzenrechnung verzichtet.
Ausgangs und Angelpunkt für die Konzernführung ist die Annahme, der Anteil der der asiatischen Kundschaft wachse von derzeit ca.15% auf ca. 27% bis zum Jahr 2017. Mit diesem Totschlag Argument wird alles weggewischt, was die
Arbeitnehmerschaft in den letzten Wochen zusammengestellt und in einem wohl überlegten Fragen- und Argumenten Katalog der Unternehmensleitung vorgelegt hat.
Immer wieder werden Bedenken damit abgetan, dass man weitere Untersuchungen gar nicht benötige, da ja die Strategie alles entscheide beklagen sich auch die weiteren anwesenden Betriebsräte, die in Einkauf, Service, Vertrieb und
Produktion ganz genau mitbekommen, wie schwierig der Markt ist.
Seit Bestehen der Firma Microm wurden stets Umsatz und Renditen mit einer erfahrenen und gewachsenen Belegschaft erhöht und nun glaubt man das könnten die Chinesen in dieser kurzen Zeit bis zur Werkschließung auch
erreichen. Die Belegschaft hat mittlerweile den Eindruck gewonnen, dass hier in unverantwortlicher Weise eine Firma an die Wand gefahren wird. Mit allen daraus entstehenden Konsequenzen für MA und Kunden.
Selbst unser direkter Konkurrent Leica in Nussloch der schon seit ca. dem Jahr 2000 Erfahrung mit der Produktion in China gesammelt hat, lässt seine Entwicklung in Deutschland und hat nur einen Teil seiner Medizingeräte
Produktion nach China verlagert.
So werden jetzt wohl nach der Werkschließung ca. 100 Menschen ab dem 1. April 2014 auf der Straße stehen. Aber ganz so einfach sollte es sich die Konzernleitung nicht machen, denn ihr Verhalten löst nicht nur bei den
Walldörfern, sondern an allen deutschen Standorten des Thermo Fisher Konzerns mit über 3.400 Mitarbeitern Empörung aus.
Wenn jetzt schon erfolgreiche und hoch profitable Standorte geschlossen werden, was passiert dann mit weniger erfolgreichen Standorten?
Der Konzernbetriebsrat der Thermofisher Standorte in Deutschland sieht eine große Gefahr auch für andere Thermo Fisher Standorte in Deutschland. In allen Divisionen wird über Restrukturierungen nachgedacht. Hinter dem Wort
Restrukturierungen verbirgt sich im Konzern fast immer eine Standortschließung, eine Produktverlagerung oder Personalabbau. Die Erhöhung des Profits steht bei Thermo an erster Stelle. Danach kommt lange nichts. Intern wird oft
über Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit geredet. Die Geschäftspraktiken von Thermo Fisher schädigen jedoch Kundenbeziehungen und zerstören die Bindung der Mitarbeiter zum Konzern. In Aussicht höherer Profite
wird das jedoch billigend in Kauf genommen. Die Betriebsräte haben bundesweit Unterschriften bei den Beschäftigten gesammelt. 2079 waren es am Ende. 2079 die gegen die Schließung schriftlich protestieren. Der
Konzernleitung wurden diese übergeben. Erwartungsgemäß hat das die Entscheidung aber nicht beeinflusst. Zur Unterstützung der Verhandlungsposition des örtlichen Betriebsrats in Walldorf, werden in allen deutschen
Standorten weitere Solidaritätsmaßnahmen erfolgen. Thermo Fisher Scientific hat in Deutschland 22 eigenständige Gesellschaften. 16 Standorte haben gewählte Betriebsräte. Der letzte veröffentlichte
Jahresabschluss der deutschen Konzernmuttergesellschaft weist einen Umsatz von ca. 1. Milliarde Euro aus. Dabei wurde ein Betriebsergebnis von ca. 175 Millionen Euro erzielt. In Deutschland werden ca. 3600 Mitarbeiter beschäftigt.
Die gestern abgehaltene Pressekonferenz führte zu den anhängenden Meldungen.
Letzte Änderung: 15.03.2013