BR-Wahl: Stimmungswandel in der SAP AG

Die Mehrheitsverhältnisse im SAP-BR sind änderbar

26.03.2010 Die Zeiten, wo über 90 % der SAPler keinen Betriebsrat wollten, sind vorbei

Die Haltung hat sich geändert

Die Betriebsratswahl 2010 ist jetzt auch bei der SAP AG voll im Gange. Waren im Jahr 2006 noch über 90 % der SAP-Belegschaft in Walldorf gegen die erstmalige Einführung eines Betriebsrats, können die 64 KandidatInnen der Liste Pro Mitbestimmung - die Betriebsratsgründer - jetzt ein völlig anderes Verhalten der ArbeitnehmerInnen feststellen. Die Diskussionen um die Notwendigkeit eines Betriebsrats sind jetzt wesentlich entspannter.

Einen Betriebsrat braucht man

Diese Einstellung scheint sich auch bei SAP durchgesetzt zu haben. Was natürlich noch keine Garantie für eine arbeitnehmerfreundlichere Einstellung der neuen Betriebsratsmehrheit ist. Aber bei der kommenden BR-Wahl am 27.4. kann man wieder neue Akzente setzen.

BR-Mehrheit mauert: Was ich weiß, geb ich nicht preis

Der bisherige Betriebsrat war ganz überwiegend arbeitgeberorientiert. Was die Leitung will, wurde allzu häufig mehrheitlich still und leise abgenickt. So wundert es nicht, dass viele Arbeitnehmerrechte eines Betriebsrats ungenutzt blieben bzw. schlicht von der BR-Mehrheit boykottiert wurden. Die wenigen BR-Mitglieder, die die Rechte eines Betriebsrats zugunsten der Arbeitnehmer einsetzen wollten und wollen, unterlagen mit ihren Stimmen in schöner Regelmäßigkeit. Schon bei der Zusammensetzung der Verhandlungsteams wurde auf eine stabile Mehrheit von Liste MUT und Liste WfD (Wir für Dich) geachtet, damit die von der SAP-Leitung stets geforderte "Verschwiegenheit" gewahrt blieb. So bringt man aber eine Belegschaft um ihren Einfluss auf die Gestaltung der Betriebsabläufe.

Stimmungswandel nach dem Durchschreiten des Tals?

Der neue Betriebsrat bräuchte einen Richtungswechsel

Durch den massiven Personalabbau im Jahre 2009, begleitet von einschneidenden Sparmaßnahmen wie einer belegschaftsweiten Nullrunde 2009, hat offensichtlich vielen SAPlern zu denken gegeben (siehe Vorstandsbezüge 2009 in der Linkliste unten). Seine Probleme, wie bisher, durch geschicktes Manövrieren allein lösen zu wollen, stieß an seine Grenzen. Die regiden Vorgaben der SAP-Leitung machten individuelles Eingreifen fast aussichtslos. Wird jetzt kollektiver gedacht in der SAP-Basis?

Aber das Wissen um seine Rechte als Arbeitnehmer ist dünn gesät, noch dünner das Wissen um die starken Rechte eines Betriebsrats. Das stetige Bemühen z.B. der Liste Pro Mitbestimmung - die Betriebsratsgründer - um eine bessere Informationsbasis in der Belegschaft war von der SAP-Leitung stets bekämpft worden und wird leider auch von der BR-Mehrheit nach besten Kräften unterlaufen.

Kann die anstehende BR-Wahl daran etwas ändern?

Die Stimmenverteilung im SAP-BR muss sich ändern

Schon während der ersten Amtszeit haben sich einige BR-Mitglieder umorientiert. Jetzt haben sich wieder etliche Listen mit einigen Hundert KandidatInnen zur Wahl gestellt. Die Frist zur Abgabe einer Vorschlagsliste läuft am Mo. 29.3.10 ab, dann wissen wir genau, wer mit welchem Motto für die neue Amtszeit wirbt. Auffällig ist, dass die einzelnen Listen wesentlich problemorientierter argumentieren als 2006. Immerhin! Nutzen Sie die Chance, vergleichen Sie die Versprechungen von heute mit den Taten in der Vergangenheit. (Grafik siehe Anhang unten).

Wird der neue BR besser?

Das hängt natürlich ganz vom Wahlverhalten der ArbeitnehmerInnen ab. Zum einen ist die Wahlbeteiligung zu beachten und zum anderen, welche Listen die Betriebsratsmehrheit bilden. Davon wird dann auch abhängen, ob der neue Betriebsrat die Geheimhaltungspraxis des alten zum Schaden für die Belegschaft fortsetzen kann.

Der neue BR tritt ein schweres Erbe an

In den letzten Wochen vor der anstehenden BR-Wahl hat der Arbeitgeber noch schnell die Gunst der Stunde genutzt und hat mit der ihm geneigten BR-Mehrheit MUT und WfD quasi Blankovereinbarungen abgeschlossen. Darunter versteht man Vereinbarungen mit kaum belastbaren Formulierungen, die Vorteile für die Belegschaft nur versprechen statt abzusichern. Diese geben dem Arbeitgeber volle Handlungsfreiheit, ohne den ArbeitnehmerInnen nennenswerte Garantien geben zu können. Solche Vereinbarungen sind in der Folgezeit schwer rückgängig zu machen. Der neue Betriebsrat braucht ganz erhebliche Arbeitnehmerorientierung, Kreativität, Wissen und Stehvermögen, will er das Rad zugunsten der Belegschaft wenden.

Schnell, schnell anstatt gut

Pro Mitbestimmung - Wir sind keine Geheimräte

Wir hoffen, die ca. 12.000 wahlberechtigten SAPler nutzen ihre Chance, einen ihren Interessen verpflichteten Betriebsrat zu wählen. Der Aufsichtsratsvorsitzende Hasso Plattner hat nach der überhasteten Installation einer neuen Doppelspitze im SAP-Vorstand mehr Freiraum bekommen, wozu wird er ihn nutzen? Die neuen CEOs Bill McDermott und Jim Hagemann Snabe reißen auf der Cebit 2010 zusammen die Arme hoch wie zwei Olympioniken bei der Medaillenverleihung, was hat die Belegschaft davon? "Sobald wir weitere Antworten haben und Entscheidungen getroffen haben, werden wir Sie darüber informieren", sagte Jim Hagemann Snabe jüngst auf einer Mitarbeiterversammlung. Das reicht aber nicht, denn der Betriebsrat ist vorher - in der Planungsphase - zu informieren. Und nicht nur das, er ist auch an den Entscheidungen zu beteiligen! Und dafür sollte der Betriebsrat vorher die Interessen der Belegschaft abfragen. Wie geht das ohne betriebliche Öffentlichkeitsarbeit? Die aktuelle, im Schnellgang durchgezogene Restrukturierung im Bereich Jim Hagemann Snabe ist ein ganz deutliches Beispiel für das Fehlverhalten der BR-Mehrheitsfraktionen.

BR-Wahl in der SAP AG am 27.4.2010

Mit der neuen bundesweiten BR-Wahl bei der SAP AG am 27.4.2010 wäre es möglich, der neuen SAP-Spitze einen Betriebsrat an die Seite zu stellen, über den sie nicht einfach 'nach Belieben' verfügen kann. Ein Betriebsrat, der seine Rechte kennt, diese für die Belegschaft auch nutzt und für eine informierte Belegschaft sorgt: Das wäre für die SAP-Belegschaft jetzt das Wichtigste, um auch in der Zukunft einen sicheren Arbeitsplatz zu haben.

Anhang:

Aktuelle Konstellation der BR-Sitze im BR der SAP AG

Aktuelle Konstellation der BR-Sitze im BR der SAP AG

Dateityp: GIF image data, version 89a, 856 x 685

Dateigröße: 59.12KB

Download

Letzte Änderung: 16.03.2013