Ludwigsburg vertagt sich abermals

Abwarten und in der Zwischenzeit für die Belegschaft arbeiten

19.09.2008 2 1/2 : 1 für die Zuständigkeit des örtlichen Betriebsrats

Welche Folgen hat die am 1.4.2008 erfolgte Verschmelzung der beiden SAP-Töchter SAP Deutschland AG & Co.KG mit der SAP SI AG auf die Struktur der zukünftigen Betriebsratsarbeit in der SAP Deutschland?

ArbG Stuttgart - Kammern Ludwigsburg

Die Frage also, ob der am 19.1.2007 erstmals gewählte "örtliche Betriebsrat" in Freiberg a. Neckar weiterhin für die ca. 200 MitarbeiterInnen in Freiberg zuständig bleibt oder ob der in Walldorf beheimatete unternehmensweite Betriebsrat UBR durch die Verschmelzung zuständig wird, sollte laut Beschluss vom 28.8.08 heute am 19.9. entschieden werden. Das ArbG Ludwigsburg hatte für heute 15:00 Uhr einen sog. Beschlussverkündungstermin angesetzt, siehe Linkliste (28.8.2008).

Statt der erhofften Klärung konnten die anwesenden BR-Mitglieder des örtlichen BRs Freiberg aber nur eine weitere Vertagung entgegen nehmen. Das Gericht räumte beiden Parteien eine Frist bis zum 30.10.08 ein. Bis dahin soll die Frage, inwieweit sich der Betrieb Freiberg bzw. die Betriebsstruktur durch die Verschmelzung verändert hat, schriftlich dargelegt werden.

Verschmelzung oder Betriebsumwandlung?

Vor November 2008 gibt

Diese Frage ist aber aus unserer Sicht bereits untersucht und schriftlich fixiert worden mit dem Ergebnis, dass der Betrieb im Wesentlichen nur seinen Namen von "SAP SI" in "SAP D" umgewandelt hat. Ansonsten ist die Struktur dieselbe wir vor dem 1.4.08, also vor der Verschmelzung der beiden SAP-Töchter.

Damit ist aber laut ArbG in Ludwigsburg fraglich, ob der Betrieb Freiberg a. N. überhaupt verschmolzen wurde. Vielmehr könnte das Gericht zu der Erkenntnis kommen, dass der Freiberger Betrieb nur den Firmeninhaber gewechselt hat, der Betrieb also nur umgewandelt wurde. Dies steigert die Wahrscheinlichkeit, dass der bisherige regionale Betriebsrat auch weiterhin rechtmäßig im Amt bleibt und die Neuwahl eines Betriebsrates zu organisieren hat. § 21 a Abs. 3 BetrVG wäre hierfür maßgeblich, siehe Linkliste unten (Übergangsmandat).

Urteil aus Hamburg

In diesem Zusammenhang ist u. E. auch ein aktuelles Urteil des Arbeitsgerichts in Hamburg bedeutend. Es hat in einem ähnlich gelagerten Fall am 13.6.2006 entschieden (19 BV 16/06):

Rechtsprechung zum Thema aus 2006

"Sofern Unternehmen verschmolzen werden, führt die Existenz eines nach § 3 Abs. 3 BetrVG für das aufnehmende Unternehmen gebildeten Betriebsrates nicht dazu, dass das Amt eines für den Betrieb eines aufgenommenen Unternehmens gebildeten Betriebsrates mit der Verschmelzung erlöscht, sofern die Identität dieses Betriebes nach der Verschmelzung erhalten bleibt."

Und weiter stellte dasselbe Gericht fest: Sinn und Zweck des § 3 Abs. 3 BetrVG gebieten es nicht, dass neu hinzukommende Betriebe auch dann von einem bereits gebildeten unternehmenseinheitlichen Betriebsrat vertreten werden, wenn für sie bereits eigenständige Betriebsräte gebildet sind und sich an der betrieblichen Identität durch die Verschmelzung nichts ändert. Siehe auch in unserer Linkliste unten: "ArbG Hamburg Beschluss vom 13.6.2006, 19 BV 16/06".

Die eilig kurz vor der Verschmelzung abgeschlossene Struktur-Betriebsvereinbarung zwischen dem UBR und der Leitung SAP Deutschland (21.2.2008), mit der der UBR bei SAP D für immer und ewig für die bis dato bestehende Belegschaft als auch für die neu hinzukommenden Belegschaften der verschmolzenen Betriebe zuständig sein soll, ist auch in Ludwigsburg sehr umstritten. Sie dürfte auf den unverändert amtierenden regionalen Betriebsrat in einem lediglich umgewandelten Betrieb Freiberg kaum anwendbar sein.

Wie geht's weiter?

Das Prozesskarussel dreht sich weiter - nichts wie hin!

Bis zum 30.10.08 werden auch noch 2 weitere Gerichtstermine stattfinden:

  • 24.9.08 ArbG München 33a BV 194/08 um 11:45 Uhr
  • 16.10.08 LAG Düsseldorf 11 TaBV 105/08 um 11:00 Uhr

Das ursprünglich für den 29.10.08 festgelegte Verfahren ArbG Hamburg 13 BV 13/08 wurde kurzfristig auf Antrag des Arbeitgebers auf den 5.12.2008 12:00 Uhr verlegt (Saal 119). Weitere Termine geben wir rechtzeitig bekannt.

In der Zwischenzeit wird die Belegschaft der SAP Deutschland sowohl durch die 6 örtlichen Betriebsräte Bensheim, Dresden, Freiberg a.N, Hamburg, München und Ratingen/Düsseldorf einerseits als auch durch den mit örtlichen, nicht stimmberechtigten Delegierten aufgestockten UBR in Walldorf andererseits vertreten. Dies wurde durch die befristete Interimsvereinbarung erreicht, die die betroffenen Betriebsräte mit der SAP D Leitung nach intensiven Verhandlungen Anfang Sept. 2008 abgeschlossen haben, siehe Linkliste unten (Sept. 2008). In der Zwischenzeit wird auch durch die Fortsetzung der sog. Mediationsrunden mit Einschaltung externer Juristen versucht, die Betriebsratsstruktur in der SAP Deutschland für die Belegschaft zu verbessern. Für ein positives Ergebnis dieser Gesprächsrunden ist aber erforderlich, dass auf der Arbeitgeberseite ein Wille zur Integration in die gesetzlich gewollte Mitbestimmungskultur vorhanden ist. Nur so kann es am Ende der Gespräche eine akzeptable Vereinbarung über eine arbeitsfähige Betriebsrätestruktur geben.

Letzte Änderung: 18.03.2013