Anpassung nur bei großer Mehrbelastung

Rentenkürzung

18.08.2008 Arbeitgeber können zugesagte Betriebsrenten nicht ohne weiteres kürzen.

Gesamtversorgungszusagen können nur wegen erheblicher Mehrbelastungen angepasst werden.

Das ist nur der Fall, wenn der Dotierungsrahmen ("Geldtopf"), der beim Einrichten des Versorgungssystems zu Grunde gelegt wurde, aufgrund geänderter Rechtslage um mehr als 50 Prozent überschritten wird.

Nach ständiger Rechtsprechung des BAG kann sich eine Befugnis zur Anpassung eines Versorgungswerks wegen Störung der Geschäftsgrundlage nur dann ergeben, wenn sich die zugrunde gelegte Rechtslage nach Schaffung des Versorgungswerks wesentlich und unerwartet geändert und dies beim Arbeitgeber zu erheblichen Mehrbelastungen geführt hat (Äquivalenzstörung). So kann durch Änderungen des Steuer- und Sozialversicherungsrechts nach Schaffung des Versorgungswerks der ursprünglich zugrunde gelegte Dotierungsrahmen ganz wesentlich überschritten werden. Dabei braucht es sich nicht um einen einzigen gesetzgeberischen Eingriff zu handeln; die Geschäftsgrundlage kann auch durch eine Vielzahl von in diesem Umfang und mit diesen Konsequenzen nicht vorhersehbaren Verschiebungen gestört werden.

Bei einer Gesamtversorgung gehen die Parteien gerade davon aus, dass sich die einzelnen Bemessungsgrundlagen verändern können. Vor diesem Hintergrund verspricht der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer, ihm eine Versorgung in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes seines ruhegehaltsfähigen Einkommens zu sichern, und dies unabhängig von etwaigen Änderungen im Sozialversicherungs- und Steuerrecht.

Daneben oder im Zusammenhang damit kann es auch dadurch zu einer Störung der Geschäftsgrundlage kommen, dass auf Grund von Gesetzesänderungen der für den Arbeitnehmer bei Erteilung der Versorgungszusage erkennbar verfolgte Versorgungszweck nunmehr verfehlt wird (Zweckverfehlung). Dies nimmt das Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung an, wenn die unveränderte Anwendung der Versorgungszusage zu einer gegenüber dem ursprünglichen Versorgungsziel planwidrig eintretenden Überversorgung führen würde.

Ob der ursprünglich zugrunde gelegte Dotierungsrahmen auf Grund von Änderungen der Rechtslage in dem erforderlichen Maße von 50 % überschritten wird, ist grundsätzlich unternehmensbezogen anhand eines Barwertvergleichs festzustellen. Dabei ist dieser Barwertvergleich bezogen auf einen identischen Bewertungsstichtag, nämlich den Anpassungsstichtag sowie bezogen auf einen identischen Personenbestand, nämlich die Gesamtheit der Rentner, die zum Anpassungsstichtag eine Versorgung nach den Regeln erhält, die angepasst werden sollen, durchzuführen. Maßgebend sind die Rechnungsgrundlagen und anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik. Zum Zwecke des Barwertvergleichs ist der aktuelle Barwert, dh. der Barwert der Pensionsverpflichtungen aus dem anzupassenden Versorgungswerk nach der Rechtslage zum Anpassungsstichtag, dem Ausgangsbarwert, dh. dem Barwert der Pensionsverpflichtungen aus dem ursprünglichen Versorgungswerk nach der bei dessen Schaffung maßgeblichen (ursprünglichen) Rechtslage gegenüberzustellen.

BAG vom 19. Februar 2008 - 3 AZR 290/06

Letzte Änderung: 18.03.2013