SAP zieht Klage zurück! Teil 4

Das SAP-Gehaltssystem, SAP lenkt ein und sagt JA zur Transparenz

27.03.2007 Geheimgehalt: SAP veröffentlicht endlich betriebsintern die Orientierungszielgehälter

Die Liste ProBetriebsrat (neu: ProMitbestimmung) setzt sich seit Monaten beharrlich dafür ein, dass SAP sein Gehaltsmanagementsystem, die Regularien zur Gehaltsrunde 2007 und auch die SAP-Regeln zum Bonusplan betriebsintern transparent macht. Obwohl diese Informationen in anderen Unternehmen ganz selbstverständlich für die Belegschaft verfügbar sind, war bei SAP zunächst nicht einmal der zuständige BR-Ausschuss, BR-AE = Ausschuss für Arbeitsentgelt, dem Antrag der Liste ProBetriebsrat gefolgt.

Dann müssen eben Taten folgen

Die Belegschaft hat u.E. ein Recht auf eine umfassende Information über das geltende Gehaltssystem. Nachdem der Arbeitgeber den Betriebsrat entgegen dem BetrVG zunächst auch nur mit mündlichen Informationen abspeisen wollte, schritt die Liste ProBetriebsrat Anfang Januar 2007 zur Tat und verfasste eine eigene Gehaltsbroschüre "19. Jan 2007 - Das SAP Gehaltssystem" (siehe Bild links oben und Linkliste). Um fair zu bleiben und unnötige Verwirrungen zu vermeiden und um auch dem Arbeitgeber eine weitere Chance zu geben, sein Gehaltsmanagementsystem selbst zu publizieren, richtete die Liste ProBetriebsrat ein Schreiben an den Arbeitgeber, in dem sie ihn darum bat, die 19-seitige Gehaltsbroschüre der Liste ProBetriebsrat Korrektur zu lesen. Siehe unsere Linkliste: Eintrag vom 02.02.2007 - Geheimes Gehaltssystem? Teil 1 .

SAP klagt vor Gericht gegen die drohende Transparenz . . .

Wie man unserer Meldung Teil 1 entnehmen kann, reagierte der Arbeitgeber prompt: Aber anstatt sein Gehaltssystem endlich transparent zu machen, leitete er ein Gerichtsverfahren gegen die betriebsinterne Veröffentlichung der Broschüre ein. Zu Beginn des Verfahrens stellte er sogar überraschend den Antrag, die Öffentlichkeit von dem Gerichtsverfahren auszuschließen, damit das SAP-Gehaltssystem geheim bleibe! Das Gericht war - sagen wir mal - sichtlich irritiert.

. . . und verliert prompt

Über die weiteren Schritte können Sie sich in unserer Linkliste in den Folgeberichten Teil 2 bis Teil 3 informieren. Jetzt, wo der Arbeitgeber seinen selbst initiierten Gerichtsprozess in Mannheim verloren hat und er am kommenden Mittwoch unserer Einschätzung nach auch sein darauf gerichtetes Beschwerdeverfahren verlieren wird, macht er eine drastische Kehrtwende und publiziert sein angeblich geheimes Gehaltsmanagementsystem wie ursprünglich von uns gewünscht im SAP-Intranet. Für den sap-internen Zugriff empfehlen wir folgenden Link: https://www.pro-br.de/memo/memo_20061204_01.php
Merke: SAP bewegt sich, zumindest wenn man sein Recht geschickt durchzusetzen weiß.

Plötzlich kommt auch die BR-Vorsitzende aus der Deckung

Erst sieht man die Betriebsratsvorsitzende Helga Classen bei der Gerichtsverhandlung nur als Zuschauerin im Publikum, offensichtlich mit der Arbeitgeberseite sympathisierend und zu keinem Statement bereit. Nachdem auch sie feststellen muss, dass das Recht - wie auch schon bei der Gründung des SAP-Betriebsrats - nicht auf ihrer Seite ist, kommt zwei Tage vor der nächsten Prozess-Niederlage die 180°-Wende: Zeitgleich mit der Veröffentlichung des Arbeitgebers wendet sich nun die BR-Vorsitzende an die SAP-Belegschaft und verkündet freudig, dass diese neue Transparenz dem unermüdlichen Verhandlungsgeschick der BR-Spitze zu verdanken sei. Das entspricht natürlich nicht ganz den Tatsachen. Aber es stimmt, ohne Betriebsrat, d.h. ohne die gesetzlich verankerte Durchsetzungskraft eines Betriebsrats wäre diese neue Transparenz nicht möglich gewesen. Aber trotz BetrVG muss es Menschen geben, die das vorhandene Recht ggf. auch gegen den erklärten Willen des Arbeitgebers durchsetzen - der erforderliche Druck kam von der Liste Pro Betriebsrat.

Im konkreten Fall darf man aber auch nicht übersehen, dass sowohl die SAP-Spitze als auch Helga Classen so kurz vor der Aufsichtsratswahl höchst sensibel sind: Die bisherige beharrliche Weigerung, geltendes Recht anzuerkennen, könnte bei der Besetzung der Aufsichtsratsmandate leicht zu Problemen führen. Deshalb - wen wundert's - die eilig erstellte Meldung vom 26.3.2007 an alle Führungskräfte der SAP AG, SAP Hosting, LGD, Steeb. "Nun ermöglichen wir den Mitarbeitern auf einfacherem Weg größere Transparenz."

Gratulation

Wir gratulieren den Kolleginnen und Kollegen der Liste ProBetriebsrat für ihr Engagement, ihre Sachkenntnis und ganz besonders für ihren Durchsetzungswillen und ihre Durchsetzungsfähigkeit und wir hoffen, dass die SAP-Belegschaft erkennt, wem sie die neue Transparenz zu verdanken hat und wen sie zukünftig im eigenen Interesse unterstützen sollte.

SAP zieht ihre Klage zurück

Wie der Richter Klaus Hennemann am Landesarbeitsgericht Mannheim soeben telefonisch mitgeteilt hat, wurde der Gerichtstermin 28.3.07 aufgehoben. "Das Beschlussverfahren wird förmlich eingestellt, nachdem die SAP AG am 27.3.2007 ihre Beschwerde gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Mannheim vom 6. Febr. 2007 zurückgenommen hat."

Im Klartext heißt das, dass einer Veröffentlichung der Gehaltsbroschüre der Liste ProBetriebsrat nichts mehr im Wege steht! Wir hoffen, die Belegschaft nutzt die neue Transparenz und freut sich mehr und mehr darüber, seit Juni 2006 einen Betriebsrat statt, wie früher, nur eine ANV zu haben.

Letzte Änderung: 20.03.2013