Eigenmächtiger Urlaubsantritt
Eine Arbeitnehmerin wollte aus dringenden privaten Gründen ihren Resturlaub nehmen, der Arbeitgeber hatte diesen Antrag aber aus sachlich nachvollziehbaren Gründen zum gewünschten Zeitpunkt abgelehnt. Die Frau hielt die Ablehnung für rechtswidrig und nahm trotzdem Urlaub, um wegen dringender Angelegenheiten in ihr Heimatland zu fahren. Der Arbeitgeber kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis, ohne vorher eine Abmahnung auszusprechen.
Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz argumentierte, die Frau habe sich selbst beurlaubt "trotz ausdrücklicher Ablehnung durch den Arbeitgeber". Damit habe sie schwer gegen ihre arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen (Anm. d. Red. Selbstjustiz kommt bei den Gerichten nie gut an). Selbst wenn die Ablehnung des Urlaubs tatsächlich ungerechtfertigt sei, dürften Arbeitnehmer den Urlaub nicht eigenmächtig antreten, argumentierte das Gericht. Vielmehr müssten sie in solchen Fällen bei Gericht eine einstweilige Verfügung beantragen und den Urlaubswunsch ggf. auf diese Weise durchsetzen. Die Pflichtverletzung der Arbeitnehmerin sei sogar schwer genug, um eine Kündigung auch ohne vorherige Abmahnung zu rechtfertigen, da Ihr Arbeitgeber zu Recht befürchten müsse, dass die Klägerin Weisungen ihres Arbeitgebers auch in Zukunft nicht Folge leisten werde. Eine Revision wurde nicht zugelassen (AZ: 4 Sa 172/06).
Ergänzende Anmerkung 1
Wichtig in diesem Zusammenhang ist aber, dass der Arbeitgeber nicht einfach irgendwelche unkonkreten Arbeiten vorschieben kann, um die beantragte Urlaubsnahme zu unterbinden. Wäre die Arbeitnehmerin vorher zum Gericht gegangen,
hätte der Arbeitgeber dezidiert belegen müssen, warum im konkreten Fall eine Urlaubsnahme zum gewünschten Zeitpunkt nicht möglich ist. Wenn der Arbeitgeber das nicht tut oder nicht ausreichend begründen kann,
siehe Frankfurter Urteil in unserem Linkverzeichnis (Az.: 15 Ga 117/04).
Ergänzende Anmerkung 2
Wenn der Arbeitgeber z.B. generelle Regeln zur Urlaubsnahme oder gar einen Urlaubsplan festlegen möchte, ist dies mitbestimmungspflichtig. Dies gilt auch, wenn sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht über den Urlaubstermin
einigen können. Natürlich muss man zuvor einen Betriebsrat gewählt haben. Wenn es also einen Betriebsrat gibt, dann kann der Arbeitgeber nicht mehr alleine entscheiden, wann jemand in Urlaub gehen kann. Gem. § 87
Abs.1 Ziff. 5 BetrVG gilt: Der Betriebsrat hat mitzubestimmen bei der "Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie bei der Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn
zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird" (siehe Linkliste unten).
In oben geschilderten Fall wäre also ggf. nicht nur der Gang zum Arbeitsgericht möglich gewesen (einstweilige Verfügung). Auch ein Betriebsrat hätte der Arbeitnehmerin wirkungsvoll zu ihrem Recht verhelfen können. Aber dazu muss man a) einen Betriebsrat haben und b) ihn auch in dieser Angelegenheit ansprechen! Die Urlaubswünsche der Arbeitnehmerin hätten dann gegenüber den berechtigten Interessen des Arbeitgebers oder anderer AN nach billigem Ermessen abgewogen werden müssen. Wäre eine Einigung zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber nicht zustande gekommen, hätte eine sog. Einigungststelle zu entscheiden, die gemäß § 76 Betriebsverfassungsgesetz eigens zur Klärung dieses Sachverhalts angerufen werden kann (Linkliste).
Links:
Fristlose Kündigung aus wichtigen Grund - § 626 BGB
AG Frankfurt: Großauftrag kein Grund für Ablehnung von Urlaubswunsch
AG Frankfurt: Nur konkrete Großaufträge rechtfertigen die Ablehnung eines Urlaubsantrags
Mitbestimmung: Der § 87 Betriebsverfassungsgesetz (siehe Abs. 1, Ziffer 5)
Behandlung von Beschwerden durch den Betriebsrat " § 85 BetrVG "
Letzte Änderung: 20.03.2013