LGD-Betriebsratswahl am 1. Dezember 2006

Vorsicht Falle

28.11.2006 CGM - Im Aufsichtsrat Gewerkschaft, im Betriebsrat Gewerkschaftsgegner. Chamäleon lässt grüßen

Barbara Schennerlein, CGM, kandidiert auf der Liste team.LGD für den gerade neu entstehenden Betriebsrat in der SAP Deutschland AG & Co. KG (LGD). Für die Wahl in den SAP-Aufsichtsrat war es gem. MitbestG'76 unerlässlich, Gewerkschaftsmitglied zu sein, denn nur als CGM-Mitglied konnte sie über eine Gewerkschaftsliste in den Aufsichtsrat kommen. Für die Wahl zum Betriebsrat ist diese Tugend, Gewerkschaftsmitglied zu sein, offensichtlich ein Hindernis. Widmen wir uns jedoch zunächst den Fakten:

Für die SAP AG gilt das deutsche duale System

In Deutschland haben Kapitalgesellschaften (Rechtsform einer Aktiengesellschaft, einer Kommanditgesellschaft auf Aktien, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder einer Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft) neben der Hauptversammlung als Organ der Willensbildung der Aktionäre laut Aktiengesetz einen Vorstand (gem. §§ 76 und 77 AktG das Leitungs- und Geschäftsführungsorgan) und einen Aufsichtsrat (gem. § 111 Abs. 1 AktG das Überwachungsorgan der Geschäftsführung und damit der Garant der Sozialbindung von Eigentum, Art. 14 Abs. 2 Grundgesetz).

Die Kapitalseite - Rolle der Externen

Die Kapitalseite im Aufsichtsrat setzt sich aus einem internen Vertreter der Kapitaleigner (AR-Vorsitzender) und externen Vertretern der Kapitalseite zusammen (bei der SAP AG derzeit Bundesbahn, EON, Daimler, IDS, Nokia usw.), siehe SAP-Geschäftsbericht 2005, Seite 141. Die externen Vertreter im Aufsichtsrat sind ausdrücklich gewollt, um eine demokratische, gesamtgesellschaftlich verantwortliche Kontrolle der Unternehmenspolitik zu gewährleisten.

Im Mitbestimmungsgesetz ist es der Gewerkschaft zusammen mit der SPD/FDP-Regierung 1976 gelungen, gegenüber den Arbeitgeber- und den externen Kapitalvertretern im Aufsichtsrat den Arbeitnehmerflügel zu stärken. Die Gewerkschaften wünschen sich, dass die Arbeitnehmer über das Schicksal ihrer Arbeitsplätze mehr mitbestimmen können sollen, um die Sozialbindung des Eigentums zu unterstützen. Seit 1976 ist deshalb in Kapitalgesellschaften, die in der Regel mehr als 2000 Arbeitnehmer beschäftigen, eine zahlenmäßige Parität zu gewährleisten, d.h. es hat in diesen Aufsichtsräten genauso viele Arbeitnehmervertreter wie Kapitalvertreter zu geben, bei der SAP AG je acht Aufsichtsratsmitglieder der Anteilseigner und der Arbeitnehmer (Unternehmen mit 10.000 bis 20.000 Arbeitnehmer, § 7 MitbestG'76). Diese Parität bewirkt allerdings immer noch keine echte Gleichgewichtigkeit, denn der AR-Vorsitzende hat bei Pattsituationen zwei Stimmen. Dabei ist der AR-Vorsitzende stets der Vertreter der Kapitaleigner. Bei der SAP AG sitzt zurzeit der ehemalige Vorstandschef Hasso Plattner dem 16köpfigen Kontrollgremium vor.

Zusammensetzung der Arbeitnehmerbank

Vom Doppelstimmrecht der Anteilseignerseite mal abgesehen weist die Arbeitnehmerbank im Aufsichtsrat einige Besonderheiten auf: Zum einen setzen sich bei der SAP AG die gesetzlich geforderten 8 Arbeitnehmervertreter zusammen aus 5 internen SAP-Mitarbeitern und einem internen leitenden Angestellten der SAP (der Leitende als Arbeitnehmer war 1976 ein besonderer Wunsch der FDP). Bei der SAP AG kommen zwei externe Gewerkschaftsvertreter hinzu, damit den externen Kapitalvertretern der SAP (Bundesbahn, EON, Daimler, IDS, Nokia usw.) auch externe Arbeitnehmervertreter mit unternehmensübergreifender Sichtweise gegenüber sitzen. In Summe macht das bei der SAP AG also 8 Arbeitnehmervertreter gegenüber 8 Kapitalvertretern. Wichtig ist: Im Gegesatz zu den 8 Arbeitnehmervertretern, die allesamt demokratisch von der SAP-Belegschaft gewählt werden müssen, werden die Vertreter der Kapitalseite vom Unternehmensvorstand nominiert und auf der Hauptversammlung lediglich abgenickt, ohne dass die Anteilseigner Alternativen einbringen können!

CGM - interne Externe

Bei den beiden SAP-Gewerkschaftsvertretern hat sich der CGM (Christliche Gewerkschaft Metall, Teilgewerkschaft des Christlichen Gewerkschaftsbundes Deutschlands) einen Trick einfallen lassen: Sie hat zwei interne SAP-Mitarbeiter als Gewerkschaftsvertreter benannt ( Barbara Schennerlein SAP LGD und Gerhard Maier SAP AG ) und hat damit den gesetzlich gewollten externen Sachverstand im Arbeitnehmerflügel unterlaufen.

CGM - ungewerkschaftliche Gewerkschafter

Bei der am 1.12.06 anstehenden Betriebsratswahl in der SAP LGD wirkt offensichtlich die Gewerkschaftszugehörigkeit der Barbara Schennerlein, die bei den Aufsichtsratswahlen 1998 und 2002 günstig war, störend. Deshalb bemüht sich jetzt die Liste 1 "team.LGD" um eine Schadensbegrenzung: In einer unserer Redaktion bekannten eMail vom 21. Nov. 06 wird jetzt die Farbe gewechselt: "Barbara ist, wie Ihr auch auf der Homepage gesehen habt, Mitglied in der Gewerkschaft CGM mit dem Ziel, jeglichen Gewerkschaftseinfluss von SAP fern zu halten," heißt es dort. Wie kann das gehen? Als Gewerkschafterin soll Barbara Schennerlein jeglichen Gewerkschaftseinfluss verhindern? Und dafür bekam sie bisher insgesamt 50.000 EUR Aufsichtsratsbezüge jährlich zur eigenen Verwendung? Aktuell sollen die AR-Bezüge sogar verdoppelt worden sein (Beschluss Mai 2006). Barbara Schennerlein, von der die FINANCIAL TIMES im Juni 2006 sagte (siehe Linkliste): "For her and many colleagues, the Betriebsrat is alien to SAP's culture" kandidiert jetzt für den LGD-Betriebsrat! Will sie jetzt in den Betriebsrat hinein gewählt werden, weil sie gegen einen SAP-Betriebsrat ist? Einem Arbeitnehmer, der sich von solch einem zwiespältigen Team vertreten lässt, ist wohl kaum zu helfen.

Zum Glück gibt es noch zwei andere Listen, die für den 23-köpfigen LGD-Betriebsrat kandidieren.

Letzte Änderung: 21.03.2013