3 % Tariferhöhung in der M+E Industrie

Kompromiss mit Augenmaß

23.04.2006 Auch die "Steinkühlerpause" bleibt erhalten.

Am Samstagabend haben sich die baden-württembergischen Tarifparteien IG Metall und Südwestmetall auf die Fortführung von Bestimmungen des Lohnrahmentarifvertrages II geeinigt. Dabei handelt es sich um Regelungen über bezahlte Pausen und zwar 'Erholzeit in Leistungslohnsystemen' (mindestens fünf Minuten) und 'persönliche Bedürfniszeit' (3 Minuten). Der Tarifvertrag zur weiteren Absicherung dieser "8 Minuten bezahlte Pause pro Stunde" war im Oktober 2005 von den Arbeitgebern zum Jahresende gekündigt worden.

Beim Entgelt haben die Verhandlungen für die rund 3,4 Millionen Beschäftigten in der bundesdeutschen Metall- und Elektroindustrie ab Juni 2006 drei Prozent mehr in der Struktur und einmalig 310 EUR für drei Monate je Vollzeitbeschäftigten ergeben. Ab dem 01.06.06 erhöhen sich also die Tabellenbeträge um 3%. Diese neuen Entgelttabellen haben eine Laufzeit von 10 Monaten und können somit erstmals zum 31.03.2007 gekündigt werden.

Bei der Einmalzahlung (Auszahlung Mai 2006) vereinbarten die Tarifpartner erstmals einen Einstieg in eine flexible Entlohnung. Die Betriebe können - je nach wirtschaftlicher Lage - von den 310 Euro nach unten und nach oben abweichen. Dabei sind Beträge zwischen Null und 620 Euro möglich. Allerdings müssen sich die beiden Betriebsparteien (Unternehmensleitung und Betriebsräte) einvernehmlich auf Abweichungen verständigen! Wenn es im Betrieb keine Einigung gibt, bleibt es bei 310 EUR Einmalzahlung je Vollzeitbeschäftigten für die Monate März, April und Mai 2006 (für Azubis in BaWü 125 EUR Einmalzahlung brutto; für NRW 90 EUR).

Auch der Tarifvertrag Vermögenswirksame Leistungen wurde wieder in Kraft gesetzt und um das immer wichtiger werdende Thema Altersversorgung erweitert.

Das Thema "Steinkühlerpause" war zwar auf das Tarifgebiet Nordwürttemberg/Nordbaden beschränkt, aber "... ohne die Fortschreibung der Erholzeiten wird es bundesweit keinen Tarifabschluss geben ..." hatten sowohl IG-Metall-Chef Jürgen Peters als auch der zweite Vorsitzende der IG Metall, Berthold Huber, immer betont. In diesem Tarifgebiet standen Fließbandarbeitern bislang acht Minuten bezahlte Erholzeiten pro Stunde zu, darunter die fünfminütige Steinkühlerpause. Die Arbeitgeber haben die Regelung gekündigt, die IG Metall wertete dies als einen Generalangriff auf humane Arbeitsbedingungen.

Der neu gekührte, designierte SPD-Chef Kurt Beck erklärte inzwischen, der jetzige Abschluss sei ein Sieg der Tarifautonomie. Durch die Bereitschaft zum Kompromiss habe ein für beide Seiten tragfähiges Ergebnis erzielt werden können. Ein "Kompromiss mit Augenmaß" nannte IG Metall-Chef Jürgen Peters die erreichte Verhandlungslösung mit den Bestandteilen: Entgelterhöhung mit flexibel gestaltbarer Einmalzahlung, Absicherung von Erholzeiten und altersvorsorgewirksame vermögenswirksame Leistungen.

In diesem Zusammenhang verweisen wir auch auf unseren Link zur Lohnpolitik. Die vom Bundestag 1999 eingerichtete Enquete-Kommission Globalisierung der Weltwirtschaft - Herausforderungen und Antworten belegt hier sehr eindrucksvoll, wie sehr in den vergangenen Jahren die Binnennachfrage durch Lohnzurückhaltung abgenommen hat (Bericht vom Mai 2002). Den Gewerkschaften fällt u.a. aufgrund der Globalisierung die Entgeltanpassung bzw. eine Bekämpfung von Lohn-Unterbietungskampagnen immer schwerer.

Wir möchten an dieser Stelle einmal die Frage stellen:
"Wissen Sie, was eine Gewerkschaft ist?". Antwort siehe Anhang zu dieser Meldung.

Letzte Änderung: 22.03.2013