Weiter Hängepartie Haldex - Knorr-Bremse

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05.04.2017 Wie geht es weiter bei Haldex? Am 16. Juni ist Stichtag. Metaller Martin Hornung kommentiert den aktuellen Stand der Entwicklungen.

"Die Übernahme des schwedischen Bremsenherstellers Haldex soll bis Ende Juni abgeschlossen werden", schrieb die Rhein-Neckar-Zeitung (RNZ) am 28.03. Richtig ist, dass am 16. Juni Stichtag ist. Ob der im Nutzfahrzeug-Zulieferbereich vier Mal größere Knorr-Bremse-Konzern den Konkurrenten Haldex mit seinem Werk in Heidelberg-Wieblingen (bis 1998 GRAU-Bremse) für 580 Millionen Euro wirklich kauft, wird sich zeigen. In USA laufen detaillierteste Prüfungen. In Europa ist man nach sieben Monaten nicht mal über die Anmeldung bei den Kartellämtern hinaus und steht erst vor Phase eins der eigentlichen Prüfungen. Ob es zu Stufe zwei kommt, ist unklar. Nicht umsonst hat der Knorr-Vorstand bei der Bilanzpressekonferenz am 27.03. bereits von "Notfallplänen" gesprochen.
Auch der Eindruck "Gewinnrückgang bei Knorr-Bremse" in dem dpa/RNZ-Artikel trügt. Der Konzern hat auch 2016 eine in der Fahrzeugzulieferbranche einmalige Umsatzrendite von zehn Prozent geschrieben (2015 war Rekordjahr mit 11,1 Prozent). Da Knorr "nach Steuern und Zinsen" rechnet, geht die Rendite sogar Richtung 15 Prozent! Kein Wunder. Man lässt 42 statt 35 Stunden pro Woche arbeiten, ein Kostenvorteil von 20 Prozent gegenüber vergleichbaren Unternehmen. Firmeneigner Thiele gehört mit 14 Milliarden Euro zu den reichsten Deutschen.
Derzeit ist Knorr-Bremse bundesweit in den Schlagzeilen von Presse, Radio und Fernsehen, weil Beschäftigte in Berlin und München sich mit der IG Metall gegen die 42 Stunden und eine geplante Verlagerung einer Konzerntochter von Berlin nach Tschechien wehren und erstmals öffentlich dagegen protestieren. In Berlin fand ein Auto-Korso quer durch die Stadt zur Kundgebung während der Aufsichtsrats-Sitzung statt. Und in München demonstrierten Beschäftigte anlässlich der Bilanzpressekonferenz.
Bis Ende März sind bereits 37 Solidaritäts-Schreiben von Betriebsräten und Vertrauensleuten bei den Knorr-Bremse-Belegschaften und -Interessenvertretungen eingegangen, von Wabco Hannover (größtes Konkurrenz-Unternehmen von Knorr) über Haldex Heidelberg, MAN Truck und Bus, Siemens bis zu den Betriebsräten in der Bahnindustrie.
Was sich unter den genannten Haldex-"Notfallplänen" des Knorr-Bremse-Vorstands verstecken könnte: Den Haldex-Belegschaften könnte nach einem Jahr Aushungern am Ende unter Knorr-Führung auch Filetierung des Unternehmens drohen. Auch dagegen haben sich Betriebsrat und IG Metall Heidelberg am 09.12.2016 in einer öffentlichen Erklärung vehement gewehrt. Für den Fall der Übernahme durch Knorr-Bremse wurde der dauerhafte Erhalt der Arbeitsplätze, Standorte, Tarifbindung und der Tarifverträge gefordert.

Letzte Änderung: 05.04.2017