Prüfpflicht für Arbeitgeber
Gemäß § 81 Abs. 1 SGB IX sind Arbeitgeber dazu verpflichtet zu prüfen, ob sie freie Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen besetzen können. In diesem Zusammenhang müssen sie frühzeitig
Kontakt mit der zuständigen Agentur für Arbeit aufnehmen, um in Erfahrung zu bringen, ob dort schwerbehinderte Personen arbeitslos oder arbeitsuchend gemeldet sind. Kommt ein Arbeitgeber diesen gesetzlichen Vorgaben nicht nach,
kann sich ein abgelehnter schwerbehinderter Bewerber laut einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) darauf berufen, dass die Verletzung dieser Prüfpflicht seine Benachteiligung wegen der Behinderung vermuten lasse.
Unterlassene Prüfung Indiz für Diskriminierung
Im konkreten Fall hatte sich der mit einem Grad von 60 % schwerbehinderte Kläger, der eine kaufmännische Berufsausbildung, ein Fachhochschulstudium der Betriebswirtschaft und die Ausbildung zum gehobenen Verwaltungsdienst
absolviert hat, bei einer Gemeinde um die dort ausgeschriebene Stelle für eine Mutterschaftsvertretung beworben. Die Kommune besetzte die Stelle jedoch anderweitig, ohne zuvor geprüft zu haben, ob der Arbeitsplatz nicht auch
mit einem schwerbehinderten Menschen hätte besetzt werden können. Auch war es diesbezüglich zu keiner Kontaktaufnahme mit der Agentur für Arbeit gekommen. Der Kläger verlangte daraufhin eine Entschädigung
nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG), da er sich wegen seiner Behinderung benachteiligt sah.
Entschädigung wegen Benachteiligung
Während die Vorinstanzen die Klage abgewiesen hatten, stärkten die BAG-Richter dem Mann den Rücken: Demnach besteht die Prüfpflicht zur Berücksichtigung schwerbehinderter Menschen bei der Besetzung freier Stellen
immer und für alle Arbeitgeber - und zwar auch unabhängig davon, ob sich ein schwerbehinderter Mensch beworben hat. Verletzt ein Arbeitgeber diese Prüfpflicht, so stelle dies ein Indiz dafür dar, dass er einen
abgelehnten schwerbehinderten Menschen wegen der Behinderung benachteiligt hat, weil er seine Förderungspflichten unbeachtet gelassen hat. Da die Gemeinde die Vermutung einer solchen Benachteiligung nicht widerlegen konnte, wurde
der Fall ans Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen. Das muss nun noch über die Höhe der dem Kläger zustehenden Entschädigung entscheiden (BAG 8 AZR 608/10).
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Letzte Änderung: 15.03.2013